Hirnforschung: Gibt es den freien Willen?

Sehr spannend ist ein Interview bei sueddeutsche.de mit dem Titel: „Der freie Wille ist nur ein gutes Gefühl“.

Das Weltbild des Hirnforschers Wolf Singer gefährdet die Grundlage des menschlichen Zusammenlebens – warnt der Philosoph Jürgen Habermas. Denn: Singer hält unsere Vorstellung von einem freien Willen für eine Illusion. Im Gespräch mit sueddeutsche.de verteidigt der Naturwissenschaftler seine Position gegen die heftige Kritik des Philosophen.

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6 Ergänzungen

  1. Diese Diskussion ist jahrtausendealt; aber ich finde es durchaus nicht unspannend, dies auch mal vom netzpolitischen Aspekt her zu beleuchten.

  2. Ich hab’s mir jetzt nicht durchgelesen, aber mein Kommentar: Wer durch das Weltbild eines anderen seinen freien Willen gefährdet sieht, hat keinen.

  3. Lasst die Suchmaschinen tiefer ins Unterbewusstsein

    Es ist Zeit für die Emanzipation des Unterbewusstseins. Sein Bild ist immer noch stark von Freud geprägt – ein Hort von Aggression und Sexualität, der so irrational ist, wie unsere Träume. Dabei ist es so rational, dass es uns z.B. erlaubt, Auto zu fahren und danach zu merken: „Ach du liebe Güte. Ich hab die letzten Minuten gar nicht bewusst auf die Straße gesehen.“ Man muss sich nur mal vergegenwärtigen, was alles durch unsere Sinne dringt und im Hirn gespeichert wird, ohne vorerst in das Bewusstsein zu kommen.
    Nachdem der Mensch als etwas Göttliches gesehen wurde, unterteilte man den Menschen in menschliche und tierische Aspekte. Es wird Zeit, alle Aspekte als absolut menschlich zu sehen und das Unterbewusstsein nicht mehr zu diskriminieren.
    Es ist nicht gerechtfertigt, den Willen im Bewusstsein zu lokalisieren. Zum einen sind die Grenzen zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein fließend und zum Anderen gibt es viele Willen, die Sowohl im Unter- als auch im Bewusstsein ihre Interessen vertreten.
    Die Willensfreiheit wird dann verwirklicht, wenn sich ein Wille gegen andere Willen durchsetzen kann, ohne das die anderen Willen darunter zu sehr unfrei werden. Ein Beispiel: Ich sehe fern und muss aufs Klo. Die beiden Willen konkurrieren miteinander. Ich werde so lange weiter Fernsehen, bis der Klowille den Fernsehwillen überwiegt. Auch wenn es eine bewusste Entscheidung ist, fern zu sehen und nicht aufs Klo zu gehen, so fühle ich mich unfrei – gefesselt vom Fernsehen. Und wenn ich aufs Klo gehe um mich vom Klowillen zu befreien, trauere ich dem vermissten Fernsehkonsum nach. Ich fühle mich unfrei, wenn mir bewusst ist, das ich einen Willen nicht durchsetze.
    Was als freier Wille im Bewusstsein verstanden wird, geht auf Intelligenz als Problemlösungsstrategie zurück. Es wird ein bewusster Deal gemacht, der zwischen den Willen vermittelt. Ich sehe fern bis zur Werbung und gehe dann aufs Klo. Nun ist es sicherlich so, dass diese Entscheidung nur im Bewusstsein stattfindet, aber durch das Unterbewusstsein determiniert ist. Die Freiheit des „einen Willens“ wie auch das „Ich“ ist die Bewusstheit der Vermittlerposition zwischen verschiedenen Willen.
    Diese Vermittlerposition, das Ich, wurde und wird als etwas göttliches gesehen, als Zen, das in den Himmel kommt oder in einem anderen Körper und einem anderen Geist wiedergeboren wird. Es ist unmöglich, dieses metaphysische Element aufzugeben, weil wir alle erfahren haben, das es mehr gibt, als Materie: Information. Das Innen-Außen-Problem von dem „Ding“, welches wahrnimmt wird noch für einige Zeit ein Riesenproblem der Philosophie sein. Da wirkt es doch etwas albern, wenn der Jürgen H. die Angst hat, die Innenansicht des Ichs könnte in Vergessenheit geraten oder das Bewusstsein der Determiniertheit würde uns alle zu freudschen Lustmolchen machen. Aber zurück zum Willen.
    Den „Triumph des Willens“ können wir immer dann feiern, wenn wir temporär von nur einem Willen „beseelt“ sind, wie der Endsieg im Sport oder in dunklen Kapiteln der deutschen Geschichte. Immer dann, wenn wir uns der Illusion hingeben, es gäbe nur ein Ziel, einen Weg und einen Willen. Wenn das „Ich“ glaubt, mit einem Willen auch andere Willen befriedigen zu können – nach dem Motte: „Wenn ich genug Geld habe, bekomme ich alle Frauen ins Bett“. Diese totale Hingabe und Verachtung der komplexen Persönlichkeit ist mit einem großen Freiheitsgefühl verbunden – zu finden bei Sekten, Terroristen und hoffentlich auch bei deutschen Fußballnationalspielern. Die „Willensfreiheit“ geniest man bis zur Kriese.
    Den besten Deal zu suchen, ist die Funktion des Ichs. Diese Vermittlerposition fühlt sich überlegen, wie sich die Regierung einer Bevölkerung überlegen fühlt. Der Staat bin ich.
    Nun sollte man das Unterbewusstsein nicht dämonisieren und die Willensfreiheit gleichzeitig auf ein Podest heben. Denn so werden weniger wichtige Willen unterdrückt und können unbewusster auf das Ich einwirken. Wie gesagt, die Grenzen zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein sind fließend. Es klingt zuerst paradox, aber wenn das Ich die Unfreiheit seiner selbst akzeptiert, wird es nicht zum unmoralischen Roboter, sondern es geht stärker und bewusster auf alle Aspekte seines Unterbewusstseins ein. So wird die Effizienz der Deals zwischen den Willen erhöht. Die Effizienzsteigerung wird als Freiheit wahrgenommen. Die Gegenannahme ist die Angst vor einem Zuviel an verschiedenen unterbewussten Willen und vor einer daraus resultierenden Handlungsunfähigkeit. Das ist wie die Babel-Angst vor dem Rauschen der Informationsflut in der Weblogsphäre. Das Vermittler-Ich ist wie Suchmaschienen und Themenkataloge. Es kann Ordnung in das Chaos bringen. Und es ist gut, jedes noch so kleine Detail einzubeziehen. Die Freiheit des Willens erhöht sich durch die Akzeptanz seiner Unfreiheit, so wie sich die Objektivität des Journalismus durch die Erkenntnis der allgemeinen Subjektivität erhöht. Wenn ein Sklave nicht erkennt, dass er ein Sklave ist, wird er sich auch nicht befreien können. Prometheus sollte nicht umsonst gequält worden sein. Lasst erstmal Gott sterben und mit ihm den freien Willen. Vielleicht erkennen wir irgendwann, was Information eigentlich ist.
    P.S.
    Habermas sollte sich mal lieber darum kümmern, wie seine Theorien in der Public-Relations-„Wissenschaft“ missbraucht werden – Da wird Propaganda als Diskurs gefeiert.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.