DRM, das unbekannte Phänomen

Gestern abend war ich in Berlin auf einem netten Konzert der Elektronikpopper Jeans Team und hatte vorher auch die Gelegenheit, die Jungs für meine Radiosendung zu interviewen. Die aktuelle Platte der Band war vergangene Woche mein erster Kauf eines mp3-Albums überhaupt, natürlich bei finetunes.

Eher beiläufig erwähnte ich im Interview daher, dass ich mich sehr darüber gefreut habe, dass die Band ihre digitalen Verkäufe nicht nur über die DRM-belasteten Platzhirsche iTunes und Musicload anbietet, sondern eben auch als echtes mp3 über finetunes, das man überall abspielen kann. Das erzeugte bei der Band insoweit Verwirrung, da sie die Vermarktung (natürlich) komplett dem Label überlassen, aber vor allen Dingen, da keiner der Drei wusste, dass die meisten legalen Musikdownloads herstellergebunden sind und z. B. iTunes in der Regel eben keine mp3s verkauft.

Wenn selbst Musiker, die voll in die entsprechende Zielgruppe (jung, männlich, gebildet und technikaffin) gehören, keinen Schimmer von DRM haben, dann ist das mal wieder ein erhellender Realitätsabgleich. Ich denke, wir müssen mehr tun, um darüber zu informieren. Und zwar vor allem außerhalb von Bereichen wie diesem Blog, wo sowieso nur Bekehrte mitlesen.

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9 Ergänzungen

  1. Sicherlich richtig, aber einseitig. Es gibt auch die Künstler, die sich gut auskennen und (trotzdem) auf DRM bestehen. DRM ist nicht einfach nur eine Erfindung der (Major) Labels, die es dann den Online-Händlern aufzwingen (…muss auch mal gesagt werden – iTunes und Musicload machen das nicht aus Eigenantrieb).

  2. »…außerhalb von Bereichen wie diesem Blog, wo sowieso nur Bekehrte mitlesen…«

    Danke noch mal für den Hinweis. Für nicht wenige, und wichtige Themen scheint außerhalb der Blogs nur wenig Interesse zu bestehen. Mein nicht gerade kleines Umfeld reagiert oft irritiert und verständnislos auf Themen von DRM bis Abbau von Bürgerrechten. Hier ist noch einiges an Informationsarbeit (von uns) zu leisten.

  3. Mein Umfeld reagiert auch teilweise verständnislos. Das ändert sich dann allerdings schlagartig, wenn sie plötzlich betroffen sind und sich dann wundern „wie das denn nun sein kann“…

    Infoarbeit ist wichtig, aber irgendwie habe ich inzwischen das Gefühl, dass sie nicht ausreicht. DRM und der Abbau von Bürgerrechten sind, sorry, keine sexy Themen. Leider. Solange das, was die Menschen gerade wollen, halbwegs funktioniert ist es einem großen Teil recht und sie sind zufrieden.

    Nein, ich denke, dass die Infoarbeit irgendwie anders angepackt werden muss. Ich rede schon öfters mal mit den Kollege von der Kommunikationswissenschaft darüber. Sie meinten dass Werbung wichtig wäre und zwar und dann kommt immer dass was ich mag aber wohl anscheinend doch wichtig zu sein scheint: zielgruppen orientierte Werbung.

    Naja, leider haben Bürgeranliegen keinen Werbeetat. Also mal weiterdenken…

  4. Zielgruppenorientiertes Arbeiten spielt, denke ich, eine Schlüsselrolle. Zum Beispiel, wenn klar gemacht wird, dass der Mehrwert eines Muiskstückes durch die ganzen Kosten der DRM-Sicherung aufgefressen wird, obwohl vielleicht 2000 Alben mehr verkauft werden, doch weniger verdient wird bei den Künstlern letztendlich (die Zahl ist jetzt nur fiktiv).
    Aber ein Schwerpunkt liegt sicherlich mit beim Konsument. Dieser muss wohl erst über „Schikane“ lernen (wie in Australien), dass sich Urheberrecht als Zensurmaßnahme entwickelt und auch so gehändelt wird. Zwar passen sich die Menschen an Zensur an, doch vertraue ich hier an die Stärke einer Subkultur dadurch, die sich (hoffentlich) entfalten wird.

  5. Dem kann ich nur zustimmen. Ich habe bereits ähnliche Erfahrung gemacht, wie wenige wirklich etwas darüber wissen mit welchen Restriktionen ihre Audio-Dateien von iTunes & Co. kommen. Klar bemerkt man das eine oder andere und man sucht/findet einen Weg um es zu umgehen. Aber ein Verständnis für das Problem oder nur ein kleines Interesse bzw. hinterfragen sind leider meistens Fehlanzeige.

    Wenn man das ganze wirklich Öffentlichkeitswirksam ansprechen will, dann gibt es in meinen Augen nur einen Weg: TV und Zeitungen.
    Es wird zwar immer das Internet als _das_ neue Medium gefeiert aber es hat eben noch lange nicht den Stellenwert der „traditionellen“ Medien und wird diesen in meinen Augen auch noch lange nicht in der breiten Masse erreichen.
    Das hat man auch bei dem „Phänomen“ Firefox gesehen, der Durchbruch bei den „normalen“ Anwendern kam mit der Werbung in normalen Zeitungen und dadurch, dass das Thema dann von anderen Aufgegriffen wurde.

    Zurück zu DRM, wenn man das wirklich ins Bewußtsein der Bevölkerung rücken will, dann muss man dafür sorgen, dass es zum Thema in den normalen Tageszeitungen wird und das auch die durchschnittliche Politik-Talk-Show mal zwischen der 101. Auflage der Themen „Arbeitsmarkt“, „Steuerreform“ und „Wirtschaft“ Themen wie „moderner Umgang mit Kultur, Unterhaltung und Information“, „neue Gesetzesplanungen zum Urheberrecht“, „Freie Software/Kultur“, „DRM“,.. diskutiert.

    Ich weiß das es sehr schwer bis unmöglich ist solche Themen in die Medien zu bekommen, aber das ist imho der einzige Weg wenn man ein breites Bewußtsein schaffen will.

  6. @Jens: Ich hoffe, Du kennst auch noch einen Germanisten, der vor einer Werbekampagne nochmal über Eure Texte geht… SCNR

  7. Ich denke, wenn man Musikmagazine auf die Thematik anspricht, würde das einen großen Teil der Bevölkerung erreichen. Außerdem ist das ganze DRM-Gedöns wie der Wettlauf von Hase und Igel, soll heißen, jemand stellt eine neue DRM-Software her und ein anderer stellt eine neue Anti-DRM-Software her. Das Problem ist allein der rechtliche Rahmen, nicht aber die technische Möglichkeit, mit DRM umzugehen.

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