Verkehrsministerium zu Breitbandausbau: Genaueres weiß man nicht

Die Bundestagsabgeordnete Halina Wawzyniak wollte vom Bundesverkehrsministerium Details zum Breitbandausbau erfahren. Diesem liegen jedoch keine Informationen vor, welche Netzbetreiber von Förderungen profitieren werden. Ebenso unklar bleibt, welche Technologien dabei zum Zug kommen.

Bundesverkehrsminister unterzeichnet einen Förderbescheid für den Breitbandausbau in Hengersberg. CC BY-ND 2.0, via flickr/BMVI

Alle paar Monate stellt sich Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) vor die Öffentlichkeit und präsentiert stolz die Übergabe von Förderbescheiden, die den Breitbandausbau in Deutschland voranbringen sollen. Zuletzt am 6. September verkündete Dobrindt, in einer zweiten Runde 116 Bescheide in der Höhe von 904 Millionen Euro vergeben zu haben, um „mehr als 570.000 Haushalte und Unternehmen in ganz Deutschland ans superschnelle Breitband“ anzuschließen.

Unklar bleibt jedoch, was mit „superschnellem Breitband“ gemeint ist – geht es um Gigabit-fähige, symmetrische Glasfaseranschlüsse oder eher um Kupfer-basierte VDSL-Vectoring-Anschlüsse, um möglichst schnell das Koalitionsziel von „50 MBit/s für alle bis 2018“ zu erreichen? Und an welche Netzbetreiber geben die geförderten Kommunen die Mittel weiter, damit diese die Infrastruktur errichten? Auch darüber schweigt sich das Bundesverkehrsministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) bislang aus.

Details weiterhin unbekannt

Ein wenig Klarheit in dieses Dickicht wollte nun die Bundestagsabgeordnete Halina Wawzyniak (Linke) bringen und fragte bei Dorothee Bär (CSU), Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, nach:

Welche Telekommunikations-Anbieter erhalten Mittel aus der zweiten Runde der Förderung gemäß der Richtlinie „Förderung zur Unterstützung des Breitbandausbaus in der Bundesrepublik Deutschland“, und welche Übertragungsgeschwindigkeiten und Breitbandtechnologien wollen diese Anbieter laut ihrem Fördermittelantrag einsetzen (bitte einzeln aufschlüsseln)?

Gestern traf die Antwort (PDF) ein und fiel knapp aus:

Welche TK-Unternehmen Aussicht auf Förderung haben werden, ist derzeit nicht bekannt. Es ist davon auszugehen, dass der Ausbau des Glasfasernetzes eine gewichtige Rolle spielen wird.

Sonderlich ermunternd klingt das nicht. Schon bisher hieß es in den BMVI-Aussendungen nebulös, man setze mit den Fördermitteln „nächste Schritte zu Gigabit-Deutschland“ und verwies auf zehntausende Kilometer Glasfaserstrecken, die dadurch errichtet würden. Überwiegend dürfte es sich dabei jedoch nicht um echte, Gigabit-fähige Anschlüsse bis in die Wohnung (FTTH, Fiber to the home) handeln, sondern um Strecken, die etwa Kabelverzweiger der Telekom Deutschland besser ans Netz anbinden – und um anschließend VDSL-Vectoring darüber anzubieten, das auf kurzen Strecken gerade mal 100 MBit/s im Downstream schafft.

Schrittchenweise in die Gigabit-Gesellschaft

Diesen Ausbau versucht die Telekom als FTTC (Fiber to the curb, Glasfaser bis an die Bordsteinkante) zu verkaufen. Um einen nachhaltigen Breitbandausbau handelt es sich dabei jedoch nicht, schließlich macht es einen großen Unterschied, ob dabei Kupfer-basierte Vectoring-Projekte oder moderne Glasfaserleitungen unterstützt werden.

Die ausgeschütteten Mittel stammen aus dem Bundesförderprogramm für den Breitbandausbau, das die Bundesregierung mit mittlerweile vier Milliarden Euro ausgestattet hat. Zwar ist bekannt, an welche Kommunen und Landkreise die Förderungen (PDF) fließen (ein Fünftel der 420 Millionen aus der ersten Vergaberunde gingen übrigens an den Wahlkreis von CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel), auf Details und eine koordinierte Ausbaustrategie müssen wir aber weiterhin warten.

Fragestellerin Halina Wawzyniak erklärte dazu in einer Stellungnahme:

Entweder die Bundesregierung weiß nicht, wer Fördermittel erhalten hat oder die Bundesregierung will dies nicht preisgeben. Beides wäre ein Armutszeugnis und zeigt, wie intransparent die Verteilung der Fördermittel erfolgt. Es ist das demokratische Recht der Öffentlichkeit zu erfahren, wer Fördermittel erhält.

Unsere Anfrage ans BMVI, ob und wann es eine offizielle, detaillierte Auflistung der geförderten Projekte geben wird, blieb bislang unbeantwortet.

Update: Das BMVI verwies in seiner Antwort auf die (im Artikel verlinkten) Förderbescheide und die Gesamtfördersummen des ersten und zweiten Förderaufrufs, ließ aber die Frage unbeantwortet, wann es eine offizielle Übersicht geben wird:

Welche TK-Unternehmen den Netzausbau vor Ort umsetzen, hängt vom Ergebnis der Ausschreibungsverfahren der jeweiligen Kommune ab.

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8 Ergänzungen

  1. Realsatire!
    Der hat dafür keine Zeit, er ist damit beschäftigt seine Verwicklungen in den VW Skandal zu löschen und verschwinden zu lassen. Herr Dobrindt, seien sie versichert, die NSA hat schon alle Daten und wird die sicher bei gegeben Anlaß an die Kollegen beim BND weitergeben. Ist schon blöde, wenn das eigene System sich gegen einen stellt. lol

  2. Nur so am Rande: Was Dobrindt da auf dem Foto unterzeichnet, ist ein Goldenes Buch einer Stadt, aber eher keinen Förderantrag.

    1. Stimmt, die Bildunterschrift war unpräzise. Ich habe sie angepasst, danke für den Hinweis. (Auch wenn man wahrscheinlich diskutieren kann, ob Förderbescheide wirklich so übergeben werden :)

  3. „Unklar bleibt jedoch, was mit „superschnellem Breitband“ gemeint ist – geht es um Gigabit-fähige, symmetrische Glasfaseranschlüsse oder eher um Kupfer-basierte VDSL-Vectoring-Anschlüsse, um möglichst schnell das Koalitionsziel von „50 MBit/s für alle bis 2018“ zu erreichen? Und an welche Netzbetreiber geben die geförderten Kommunen die Mittel weiter, damit diese die Infrastruktur errichten? Auch darüber schweigt sich das Bundesverkehrsministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) bislang aus.“

    Die Ausschreibungen sind gewöhnlich technologieneutral, d.h. es wird nur eine Bandbreite festgelegt, die in den einzelnen Haushalten anlegen muss. Dass das BMVI die Netzbetreiber noch nicht kennt ist nicht verwunderlich, denn erst nach der Übergabe der Fördermittel können die Fördermittelabfrager die konkreten Ausschreibungen starten. Erst nach deren Abschluss steht ein Netzbetreiber fest, dessen Wirtschaftlichkeitslücke geschlossen wird. Wie es bei Fördermittelanträgen aussieht, die auf das Betreiber-Modell (Kommunen (lassen) errichten Netz und schreiben Betrieb dessen an einen Netzbetreiber aus) setzen, ist mir nicht bekannt.

    „Überwiegend dürfte es sich dabei jedoch nicht um echte, Gigabit-fähige Anschlüsse bis in die Wohnung (FTTH, Fiber to the home) handeln, sondern um Strecken, die etwa Kabelverzweiger der Telekom Deutschland besser ans Netz anbinden – und um anschließend VDSL-Vectoring darüber anzubieten, das auf kurzen Strecken gerade mal 100 MBit/s im Downstream schafft.“

    Die eingesetzte Technologie basiert auf der gewünschten/ausgeschriebenen Bandbreite und den Voraussetzungen vor Ort. Sind die Verzweigerkabel zu lang, um per VDSL noch ausreichende Datenraten zu erreichen, muss bspw. FTTH zum Einsatz kommen. VDSL-Vectoring ist übrigens bisher nicht für den Einsatz in geförderten Gebieten freigegeben. Es gibt also nur die Möglichkeiten FTTC/VDSL oder FTTB/FTTH.

    „Diesen Ausbau versucht die Telekom als FTTC (Fiber to the curb, Glasfaser bis an die Bordsteinkante) zu verkaufen.“

    Was soll es denn anderes sein?

    „Um einen nachhaltigen Breitbandausbau handelt es sich dabei jedoch nicht, schließlich macht es einen großen Unterschied, ob dabei Kupfer-basierte Vectoring-Projekte oder moderne Glasfaserleitungen unterstützt werden.“

    Dafür kostet ein FTTH-Ausbau im Vergleich zu einem FTTC-Ausbau oftmals auch ein Vielfaches.

    „Zwar ist bekannt, an welche Kommunen und Landkreise die Förderungen (PDF) fließen (ein Fünftel der 420 Millionen aus der ersten Vergaberunde gingen übrigens an den Wahlkreis von CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel), auf Details und eine koordinierte Ausbaustrategie müssen wir aber weiterhin warten.“

    Eine koordinierte Ausbaustrategie gibt es nicht, jeder Fördermittelnachfrager startet seine eigene Ausschreibung für das eigene Gebiet, bzw. baut im Betreiber-Modell.

    „Entweder die Bundesregierung weiß nicht, wer Fördermittel erhalten hat oder die Bundesregierung will dies nicht preisgeben. Beides wäre ein Armutszeugnis und zeigt, wie intransparent die Verteilung der Fördermittel erfolgt. Es ist das demokratische Recht der Öffentlichkeit zu erfahren, wer Fördermittel erhält.“
    Die Fördermittel haben die Fördermittelnachfrager erhalten. Die entsprechenden Ausschreibungen für die technische Realisierung wird in vielen Fällen einfach noch nicht abgeschlossen sein.

  4. Wenn ich „technologieneutral“ schon lese.

    Die Anforderungen werden an Vectoring angepasst anstatt an die realen Bedürfnisse.

    Es sollte nicht Technologie-neutral (um Vectoring schon not-zu-beatmen bevors noch in der Erde liegt) sondern Anbieter-neutral damit jeder der Glasfaser einbuddeln möchte das auch machen kann. Und die Förderung für FTTH kassiert.

    Alles andere ist Förderungen mit dem Trichter an die Telekom ausschütten.

    1. Vectoring ist wie gesagt gar nicht förderfähig (momentan), es gibt also nur die Option FTTC/VDSL oder FTTB/FTTH. Schreibt man nun eine 100 Mbit/s Versorgung aus, kommt dafür nur FTTB/FTTH in Frage. Das ist dann aber natürlich eine andere Preisklasse als ein FTTC/VDSL-Ausbau. Im Übrigen kann jeder Netzbetreiber ein FTTC/VDSL-Angebot im Förderangebot abgeben und im eigenfinanzierten Ausbau (ohne Fördermittel) Vectoring einsetzen. Dort gibt es kein Monopol der Telekom.

      Jeder Anbieter kann Glasfasern verlegen, wenn er möchte. Bei einer Ausschreibung kommt aber das wirtschaftlichste Angebot zum Tragen. Will man hier nur ein FTTB/FTTH-Ausbau, dann muss man die Bedingungen entsprechend anpassen.

  5. Soweit ich die Aufregung um die Förderung von FTTC ja verstehen kann, kann ich die Aufregung von Frau Wawzyniak über die im Artikel besprochenen Antworten nicht verstehen.
    Denn Fakt ist: Die im zweiten Call vergebenen Fördermittel werden, wenn überhaupt jetzt erst ausgeschrieben. Und dann sind das idR europaweite Ausschreibung mit Laufzeiten um die 2 Monate. Damit wissen die kommunalen Gebietskörperschaften, welche ja erstmal Zuwendungsempfänger und Ausschreiber sind, selbst nicht an wen der Zuschlag geht. Woher soll der Bund es dann wissen?

    1. Stimme ich dir zu 100% zu. Die Ausschreibungen dauern aber meist sicherlich nicht nur 2 Monate, sondern eher 6 Monate.

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