Keine Mehrheit im Bundesrat gegen das Leistungsschutzrecht

Am morgigen Freitag ist das Leistungsschutzrecht für Presseverlage Thema im Bundesrat. Nachdem der Bundestag das umstrittene Gesetz vor drei Wochen beschlossen hat, könnte der Bundesrat morgen den Vermittlungsausschuss anrufen. Und damit dem Gesetz Steine in den Weg legen und es vielleicht sogar noch verhindern, wenn der Vermittlungsausschuss länger andauert als die Legislaturperiode, die kurz vor dem Ende ist. Könnte, wenn man es denn wollte. Danach sieht es nicht aus. Gegenüber Sueddeutsche.de erklärte heute die nordrhein-westfälische Ministerin für Bundes- und Europa-Angelegenheiten sowie Medien, Angelica Schwall-Düren (SPD), dass das rot-grün regierte Land NRW einer Anrufung des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat nicht zustimmen werde. Einen Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses wird vermutlich Schleswig-Holstein stellen, wo die Rot-Grüne Regierung den gesamten Landtag in der Ablehnung des Leistungsschutzrechts hinter sich hat.

Ohne NRW gibt es aber keine Mehrheit und auch das rot-geführte Hamburg soll keine Lust auf einen Vermittlungsauschuss haben. Das Verhalten zeichnete sich bereits in der Sitzung des Rechtsauschusses im Bundesrat nach der Abstimmung im Bundestag ab, wo niemand die Führung in der Opposition gegen das Leistungsschutzrecht übernehmen wollte.

Update: Der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück verkündet jetzt offiziell, dass es keine Mehrheit für ein Vermittlungsverfahren geben wird. Er verspricht aber ein Leistungsschutzrecht 2.0, sollte er unerwarteterweise Kanzler werden.

Die Bundesregierung hat kein Interesse an einem Dialog mit allen Beteiligten gezeigt. Das Gesetz ist im Bundesrat lediglich ein Einspruchsgesetz und kann daher angesichts der noch bestehenden Mehrheitsverhältnisse im Bundestag jetzt nicht aufgehalten werden. Es gibt deshalb keine Aussichten auf ein erfolgreiches Vermittlungsverfahren. Die erforderliche neue Mehrheit dafür kann mit der Bundestagswahl am 22. September herbeigeführt werden.

Zu den Chancen eines Vermittlungsausschusses gibt es übrigens unterschiedliche Interpretationen als was die SPD als einzige Lesart jetzt verkünden will. Und auch Peer Steinbrück klang auf der Cebit noch ganz anders: „Ich denke, die SPD ist gut beraten, dieses Leistungsschutzgesetz im Bundesrat zu kippen.“. Das ist noch nicht lange her.

Nochmal zum Mitschreiben: Peer Steinbrück verkündet offiziell, dass SPD gegen Leistungsschutzrecht ist, aber im Bundesrat nicht dagegen stimmt. Dafür könne man ihn zum Kanzler wählen. Findet den Fehler! Tolle Arbeit, SPD!

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23 Ergänzungen

  1. Ich finde es bemerkenswert, daß sich für diese Meldung alle auf die Süddeutsche berufen – ein LSR-befürwortendes Medium, das auf der D64-Blacklist steht. Gibt es sonst niemanden, der die Geschichte aus erster Hand erzählen könnte?

    Fragt sich
    Frosch

  2. Ich bin begeistert. Die Sozen mal wieder so „Wir werden … wenn wir … “ Ich denke an meine Oma „Was Du heute kannst besorgen das verschiebe nicht auf morgen“. Na ja, die raffen es eh nicht mehr.

  3. Sagt er damit gerade, wenn die Aussichten darauf eine Mehrheit für die eigene Meinung „Wir sind gegen das LSR“ schlecht sind, dann schließt er sich einfach der Mehrheit an?
    Würde der Wähler so argumentieren müssten wir also alle die Partei wählen die bei den Umfragen vor der Wahl die höchsten Werte erreicht, weil die anderen eh keine Mehrheit bekommen?

  4. Also ich bin gegen ein LSR auch gegen eine abgeschwächte Fassung, aber wenn die SPD ein LSR 2.0 in der Tasche hat, warum schickt man dieses Gesetz dann nicht in den Vermittlungsausschuss?
    Stattdessen kommt ein Erpressungsversuch vom Kanzlerkandidaten. Anders kann man das doch nicht beschreiben.

    Und ich frage mich auch: wo ist denn hier noch eine Opposition? Alles wird durchgewunken. Immer muss man auf das höchste Gericht hoffen.
    Die SPD ist einfach keine wählbare Alternative.

  5. Ich weiß nicht mehr wo ich das las, aber es hieß, dass die Zustimmung zum LSR nur Wahltaktiererei wäre und die sozen natürlich dafür sorgen, dass die Ganze im Bundesrat durchfällt. Wie h s @1 schon meinte: „Wer hat uns verraten? ….“

  6. Das P in SPD steht mittlerweile für „Prokrastinieren“: Ich kann auch morgen noch dagegen sein.

    Auf gelebte Demokratie hat keiner so recht Lust. Ist ja auch anstrengend.

  7. Finde es jedenfalls sehr anständig von den LSR-Kritikern, dass sie noch nicht sich darüber ausgelassen haben, dass die SPD sich sehr bewusst ist ein Verlagsimperium zu besitzen

  8. Im Wahlprogramm der SPD steht aber auch nicht grad drin, dass sie gegen ein Leistungsschutzrecht wären…oder täusche ich mich da. Mich haben jedenfalls die Dementies nicht überzeugt.

  9. Wen wundert das? Der Peer will doch nicht noch mehr miese Kritik von Springer % Co. – dass das so kommt war schon am 1.3. klar, wenn man mal schaute WER überhaupt mit abgestimmt hat … Unglaublich. DE = Deutschland Exit aus dem Web.

  10. Statt eine handfeste, bestehende Möglichkeit zu nutzen, wird ein wachsweiches Versprechen für eine gut möglich garnicht eintretende Zukunft gemacht? Wenn die SPD dagegen ist, dann soll sie auch die Hand danach heben. Alles andere ist heiße Luft und Augenwischerei.

  11. Das schafft nur die SPD.
    Erst lässt sie verbreiten, dass man das Gesetz im Bundestag trotz vieler fehlender schwarz-gelber Abgeordnete nicht verhindert hat um die
    Koalition möglichst lange als unfähig darzustellen.

    Und dann stellen sie sich selbst als unfähig dar.

    Garniert wird das ganze damit, dass alles was jetzt nicht möglich war bei der Herdprämie klappte.

  12. Womit mal wieder bewiesen wäre, Politiker können nur eins besonders gut: Die Bevölkerung verscheissern, lügen und inkompetentes Gequassel von sich geben.

    Warum sind die nicht wenigstens so ehrlich und geben es einfach mal zu, dass ihnen Sachen wie das Leistungsschutzrecht und die Meinung der Internetgemeinde/Journalisten/Blogger dazu am Arsch vorbei gehen? Ein Haufen selbstsüchtiger, geldgeiler „Nach-dem-Posten-ist-vor-dem-Posten“-Geier, die jeden Tag gehörig einen in die Fresse bräuchten, und zwar mit Anlauf. Und so ein Pack vertritt uns. Parlamentarische Demokratie SUCKS!

  13. Es gibt zu viele Momente in letzter Zeit in der ich es hasse Recht zu behalten.
    Ich habe fast 40 Jahre in NRW gelebt, bin Facharbeiter, WAR in der IGBCE und IG-Metall, war Betriebsrat, und bis zum Bierflaschenkanzler SPD-Wähler.
    Seit Schröder würde ich den Haufen am liebsten jeden Tag in der kalten Nordsee versenken.

    Was ist das für ein widerwärtiger Verein geworden. :(

  14. Ahja…was Steinbrück da von sich klingt, riecht ja regelrecht nach Wählererpressung: „Wir tun jetzt nichts obwohl wir’s könnten. Erst wenn ihr uns wählt, werden wir tätig“

    Was für ein durch und durch korrupter Apparat. Regierung als Verleger-Lobbynutte, pure Wahltaktik auf der Gegenseite. Unwählbar.

  15. „SPD gegen Leistungsschutzrecht [..], aber im Bundesrat nicht dagegen stimmt.Findet den Fehler!“

    Das ist, für die SPD, kein Fehler, sondern offizielle SPD-Politik.
    Nicht nur beim Leistungsschutzrecht.
    Solche besonders schlechten Interpretationen der Muppetshow, welche die SPD regelmäßig bietet sind lustig, aber macht sie leider auch völlig unwählbar.

  16. „Peer Steinbrück verkündet jetzt offiziell, dass es keine Mehrheit für ein Vermittlungsverfahren geben wird. Er verspricht aber ein Leistungsschutzrecht 2.0, sollte er unerwarteterweise Kanzler werden“

    Das ist ja auch mal n mieser Wahlkampf oder? Und was ist dann in der 2. Auflage drin?

  17. Mein Vorschlag:
    Alle Geschichtsbücher und alle Politik-Theorien schreddern.
    Stattdessen wird nur noch anhand des „LSR“ Staatsbürgerkunde gelehrt.
    Da steckt alles drin, was man über die sogenannte Demokratie wissen muss.
    Einfluss der Lobbies; Macht und jämmerlicher Zustand der Presse; der Witz über die „freie“ Presse und die „neutrale“ Berichterstattung; die Farce von der Trennung zwischen Verlag und Redaktion; Korrumpierbarkeit der Politiker und Parteien; 180°-Wendehälse mit Parlments-Schaufensterreden; Wahlkampfschiss und Wahlkampflügen; abgekartete Scheindebatten und „gekaufte“ Gesetzesabstimmungen; widerliche Pöstchen-Schacherei nach dem Drehtüreffekt; „Wir geben euch das LSR und wir wollen dafür XYZ … uvm.

    Ein Schmierentheater! – Cui bono?
    Das ist also die „beste“ Demokratie auf dieser Welt.
    Die beste Demokratie, die man für Geld kaufen kann^^

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.