Zu viel Nacktheit – Vimeo gesperrt in Indonesien

vimeo_logo_white_on_blueDie Sperrung sozialer Medien und Plattformen ist offenbar nicht nur eine Spezialität der Türkei: Wie manche eventuell schon gehört haben, wurde Anfang Mai das Videoportal Vimeo in Indonesien gesperrt. Zumindest die Begründung für die Sperrung liegt in Indonesien allerdings etwas anders als in der Türkei, das Schlagwort lautet: Pornografie.

Für viele Indonesier ist das Internet die wichtigste Informationsquelle, noch vor den stark konzentrierten traditionellen Medien. Der Einschätzung von Freedom House zufolge ist Indonesiens Internet jedoch nur teilweise frei, was auch daher rührt, dass einige Inhalte unzugänglich gemacht werden. Zwar ist in der indonesischen Verfassung die Meinungsfreiheit festgeschrieben, es existieren jedoch mehrere Gesetze und Rechtsakte, welche die Rede- und Informationsfreiheit online einschränken. Als gefährlich oder sozial inakzeptabel eingestufte Inhalte können unter Berufung auf die Gesetzgebung gesperrt werden, deren wichtigsten Gesetze in dieser Hinsicht das Electronic Information and Transaction Law und das Anti-Pornografie-Gesetz sind, beide aus dem Jahr 2008.

Citizen Lab hat einen spannenden Blogeintrag über Informationskontrolle in Indonesien und die Vimeo-Blockade veröffentlicht, in dem die verschiedenen Zensur- und Filterpraktiken analysiert werden.

Offenbar ist die Internetzensur in Indonesien nicht so leicht: Es existieren etwa 300 verschiedene Internet Service Provider (ISPs). Das Ministerium für Informations- und Kommunikationstechnik verwaltet Blacklists über ein System namens TRUST + Positif, zu dem jeder Vorschläge für zu blockierende Websites einreichen kann. Der genaue Selektionsprozess, was im Endeffekt auf die Blacklists gesetzt wird, ist unklar, in jedem Fall taucht Vimeo in der Datenbank der öffentlichen Einreichungen auf. Das passt zu der Darstellung des Informationsministers Tiffatul Sembiring, die Sperrung von Vimeo gehe auf Bürgerbeschwerden zurück.

Anfang Mai war das Videoportal von manchen ISPs nicht mehr aufrufbar, andere, kleinere, hatte die Aufforderung zur Filterung zu dem Zeitpunkt offenbar noch nicht erreicht. Indonesier äußerten online ihren Unmut über die Blockade. Das Informationsministerium richtete eine Aufforderung an Vimeo, die pornografischen Inhalte zu löschen, die Sperrung sei auch nicht permanent gedacht. Kontrovers an der Angelegenheit: Auf Vimeo sind überhaupt keine pornografischen Inhalte erlaubt, das Hochladen von Material mit künstlerischer Nacktheit ist dagegen legitim. Vimeo hat auch nicht vor, auf die Vorgaben der indonesischen Regierung einzugehen.

Dieser Fall zeigt, dass nationale Regierungen sich in unterschiedlichsten Fällen in der Position sehen, Inhalte sperren zu lassen. Die Begründung mit sozialer Unerwünschtheit und moralischer Bedenken ist dabei kein seltenes Argumentationsmuster.
Im Übrigen funktioniert der Pornografiefilter nicht fehlerfrei, nach der Recherche von Citizen Lab sind verschiedene Seiten fälschlicherweise als Pornografie klassifiziert, wie zum Beispiel die der Bibliothek der University of Rochester. Blockade trotz eindeutig nicht pornografischer Elemente – wie viele Websites mag das noch betreffen?

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