Schlecht Kopiert: Urheberrechtsreform in Österreich mit Leistungsschutzrecht

Der letzte Anlauf zu einer Urheberrechtsreform in Österreich war noch vor den dortigen Parlamentswahlen 2013 gescheitert, mittlerweile kursiert aber ein neuer, noch unoffizieller Entwurf (PDF). Dieser entspricht jedoch in weiten Teilen dem alten Entwurf (PDF) und bei den wenigen Neuerungen hat man sich – noch mehr als beim letzten Mal – an Deutschland orientiert: So hat es das unsägliche Leistungsschutzrecht für Presseverleger auch in den österreichischen Reformentwurf geschafft – und zwar mit weitestgehend identischen Formulierungen:

Im deutschen §87f Abs. 1 des deutschen UrhG heißt es:

Der Hersteller eines Presseerzeugnisses (Presseverleger) hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen, es sei denn, es handelt sich um einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte.

Der Entwurf für §76f Abs. 1 des österreichischen UrhG sieht nun folgende Regelung vor:

Wer eine Zeitung oder Zeitschrift in einem Massenherstellungsverfahren oder in Form einer Internetausgabe herstellt, hat das ausschließliche Recht, die Zeitung, die Zeitschrift oder Teile davon zu gewerblichen Zwecken zu vervielfältigen, zu verbreiten und der Offentlichkeit zur Verfügung zu stellen.

Der einzige Unterschied ist also, dass in Österreich sogar noch die Ausnahme von kleinsten Textausschnitten („Snippets“) beim Kopieren vergessen wurde. Darüber hinaus hat man sich in Österreich beim deutschen § 87g UrhG bedient. Wenn gut kopiert besser ist als schlecht erfunden, was ist dann in Fällen, wo (grotten)schlecht kopiert wurde?

Aber auch sonst ist der Entwurf dominiert von schlechten „Neuerungen“:

  • Wie erwartet findet eine, bis 2018 auf 2o Millionen Euro als „Richtwert“ gedeckelte, „Speichermedienabgabe“ Eingang ins österreichische Uhreberrechtsgesetz. Auch hierfür stand Deutschland Pate. Gemäß §18a Verwertungsgesellschaftsgesetz soll der Tarif durch die Verwertungsgesellschaft auf Basis „empirischer Untersuchungen“ erfolgen. Man darf gespannt sein, wie diese Untersuchungen aussehen werden und vor allem wie zwischen vergütungspflichtiger Privat- und nicht-vergütungspflichtiger Raubkopie auf Festplatten empirisch unterschieden wird. Zusätzlich ist in §18b ein Beirat vorgesehen, dessen Details aber erst mittels Verordnung festgelegt werden sollen.
  • Im neuen Entwurf fehlt die im letzten Entwurf noch vorgesehene Deckelung von Anwaltsgebühren bei urheberrechtlichen Abmahnungen.
  • Bei der Umsetzung der EU-Richtlinie zur Zugänglichmachung verwaister Werke in §56e fehlt eine klare Definition bzw. Begrenzung dessen, was als „angemessene Vergütung“ für die Nutzung zu verstehen ist, sollten Rechteinhaber trotz sorgfältiger Suche zu einem späteren Zeitpunkt doch noch auftauchen. Dieser Punkt ist aber entscheidend, weil dadurch das finanzielle Risiko von Digitalisierungsbemühungen von Museen, Büchereien und Archiven steigt. Hier wäre eine Begrenzung auf den durch den Rechteinhaber nachgewiesenen Schaden sinnvoll.
  • Zwar ist positiv zu vermerken, dass Verwertungsgesellschaften Dank eines neuen §11a VerwGesG ermächtigt werden sollen, die Rechte an vergriffenen und vor über 50 Jahren veröffentlichte Werke zu vertreten, und dafür ein Register vergriffener Werke einzurichten. Unklar ist jedoch, warum dadurch nur die Nutzung „zu nicht gewerblichen Zwecken“ ermöglicht werden soll. 

Enttäuschender noch als die Inhalte des Reformentwurfs ist, was in dem Entwurf alles nicht enthalten ist:

  • Keine Regelung zum in Österreich völlig fehlenden Urhebervertragsrecht, das die Verhandlungsposition von professionell Kunstschaffenden gegenüber Verwertern verbessern würde – warum hat man sich hier eigentlich nicht auch Deutschland zum Vorbild genomme?
  • Keine Verbesserung bei der Privatkopie, wie zum Beispiel das Recht für eine legale Privatkopie Kopierschutzmaßnahmen umgehen zu dürfen.
  • Keine stärkeren Transparenzvorschriften für Verwertungsgesellschaften was deren Mittelverteilungspraktiken betrifft.
  • Keine Modernisierung von Zitatschranken und anderen freien Werknutzungen, um Remix- und Mashup-Praktiken zu legalisieren.

Wie unausgewogen der Entwurf letztlich geworden ist, zeigen auch die ersten Reaktionen. So freut sich der Urheberrechtshardliner Gerhard Ruiss von der IG Autorinnen und Autoren laut Futurezone über „ein Entwurfsergebnis, das sich in jeder Hinsicht sehen lassen kann.“ 

Fazit

Warum man in Österreich das verfehlte deutsche Leistungsschutzrecht übernimmt bzw. sogar noch verschlimmbessert, ist völlig unverständlich. Schließlich gibt es bis heute in Deutschland keine erkennbar positiven Auswirkungen durch das Gesetz. Dass Pauschalvergütungen reformiert und eine Speichermedienabgabe eingeführt werden ist nicht prinzipiell, aber in der konkreten Form abzulehnen. Denn dem Ausbau der Vergütung steht kein entsprechender Ausbau von Nutzungsrechten gegenüber. Und warum beim Kopieren des deutschen Urheberrechts gerade auf das dringend notwendige Urhebervertragsrecht vergessen wurde, erschließt sich mir nicht.

3 Ergänzungen

  1. Kennt man die österreichische Politik(er), so wäre diese Vorgehensweise nicht unverständlich. Leider sitzen bei uns Personen an den Schalthebeln der Macht, die an Inkompetenz nicht zu überbieten sind. Und als wäre das nicht schon genug, stehen sie auch noch unter den Einfluss von Lobbyisten, der Bürger an sich findet kaum Vertretung.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.