FISA-Gericht hilft der NSA beim rechtmäßigen Abhören

nsa_timelineDie durch die NSA betriebene Überwachungsmaschinerie ist in der Vergangenheit immer mehr gewuchert. Das wissen mittlerweile alle, neu veröffentlichte Dokumente aus den Leaks von Edward Snowden zeigen genauer, wie das passiert ist und welche Autorisierungen dem Geheimdienst ständig weitere Kompetenzen zugesprochen haben. In einer Zeitleiste von 1972 bis 2010 ist dargestellt, welche Gesetze, Rechtsanordnungen, FISA-Genehmigungen und sonstige Dokumente Meilensteine für die Überwachungs-Befugnisse darstellen.

Aber die Dokumente zeigen auch, dass das FISA-Gericht nicht nur Blankostempel für Überwachungsanordnungen verteilt, sondern auch aktiv an der großzügigen Auslegung des Rechts mitwirkt. 2002, 2004 und 2006 hat das Gericht Anordnungen dazu erlassen. Wie die „Raw Take“ Order, die genau das tut, was ihr Name verheißt: Einfach mal alles mitnehmen, was man kriegen kann. Darunter fiel auch die Lockerung von Bestimmungen, die es der NSA dann ermöglichten, in großem Stil Datenaustausch mit ausländischen Geheimdiensten über US-Personen zu betreiben. Zuvor mussten diese noch durch den Generalanwalt des FISA-Gerichts genehmigt werden. Eine andere Entscheidung des FISA-Gerichts, die bisher unbekannt war, ist die Large Content FISA, die zu Zeiten der Bush-Präsidentschaft die Fortführung des Groß-Lauschangriffs sicherte.

Die Dokumente zeigen auch, dass Snowden Recht hatte, als er behauptete, zu seiner Dienstzeit in der Lage gewesen zu sein, praktisch jede Person selbst abhören zu können. Die NSA hatte wiederholt dementiert, dass Mitarbeiter außerhalb des NSA-Hauptquartiers dazu in der Lage seien. Die neuen Veröffentlichungen zeigen, dass das schon seit 2006 nicht mehr stimmte:

Access within the N.S.A. to raw FISA information was initially limited to its headquarters at Fort Meade, Md. But in 2006, the N.S.A. expanded sharing to specialists at its code-breaking centers in Hawaii, Texas and Georgia.

Und eine weitere Lüge der NSA wird enttarnt: Hatte man vorher behauptet, bei der Weitergabe von Daten würden nur die nötigsten Informationen übermittelt, steht nun geschrieben:

C.I.A. and F.B.I. can have access to unminimized data in many circumstances.

Die Moral der Geschichte? Dass die Enthüllung so ausführliche Informationen über das fragwürdige Verhalten des FISA-Gerichts bei der „Kontrolle“ der Auslandsgeheimdienste bringt, liegt sicher nicht zufällig in einer Zeit, in der in den USA über die Reform der Geheimdienstaufsicht debattiert wird. Obama hatte dazu in seiner Rede im Januar Vorschläge gemacht – wie den Einsatz eines zivilen Anwalts und stärkere Rechenschaftspflichten. Seine Forderungen gehen keineswegs weit genug. Es braucht vor allem eine viel weitreichendere Transparenz bei der Genehmigung von Anordnungen und auch bei der Besetzung des Gremiums, um zu vermeiden, dass die Kontrolleuren in Wirklichkeit Kollaborateure sind.

Die eigentliche Entscheidung, welche der von Obama angesprochenen Reformmaßnahmen wie umgesetzt werden und ob überhaupt, wird am Ende im US-Kongress getroffen. Da regt sich Senatorin Dianne Feinstein gerade doppelzüngig darüber auf, dass die CIA wohl die Rechner der Kongress-Senatoren im Geheimdienst-Komitee ausgespäht hat. Erinnert uns irgendwie an die Exaltiertheit  bei  Merkelphone. Aber vielleicht hilft’s ja beim Sinneswandel…

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