Revolution: Bei Suedeutsche.de schreiben jetzt Bots

Die Süddeutsche Zeitung begreift sich seit längerem als Hüter des Grals eines starken Urheberrechts. Das ist ja auch nichts Schlechtes, verschiedene Meinungen sind gut für den Diskurs. Auch heute gibt es wieder einen neuen Artikel dazu: Falsche Revolutionäre. Allerdings bin ich mir über die Intention des Artikels nicht so recht im Klaren. Da wird soviel durcheinander geworfen und falsch verstanden, dass man nach Lesen des Artikels kopfschüttelnd davor steht und nicht weiß, was eigentlich gemeint ist. Aufhänger ist der Verzicht vom iTunes Store auf Kopierschutz für Musik. Das wird vom Autor irgendwie als Aushebelung des Urheberrechts verstanden und irgendwie soll das auch ein Zweiklassensystem schaffen. Allerdings hat der Kopierschutz mit dem Urheberrecht nicht besonders viel zu tun und bis vor 20 Jahren gab es Kopierschutz auch gar nicht, obwohl es davor sehr lange das Urheberrecht schon gab.

Ein kleiner Textausschnitt:

Viele Namen hat sich die digitale Welt schon gegeben. Cyberpunk, Digerati, Free Culture. Das klang nach jugendfrischem Krawall, intellektuellem Diskurs oder nach jener unwiderstehlichen Mischung aus Adorno, Rock’n’Roll und Gruppensex, mit der die Ära der Hippies verklärt wird. So konnte Apple eben auch den betriebswirtschaftlichen Coup als revolutionären Akt verkaufen, die Kulturindustrie bei Verhandlungen um den Kopierschutz in die Knie gezwungen zu haben.

Meine Vermutung: Das hat ein Bot geschrieben, der wahllos Begrifflichkeiten (wie LSD, Cyberpunk, Urheberrecht, etc.) in eine grammatikalisch richtige Reihenfolge gesetzt hat.

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18 Ergänzungen

  1. Der SZ-Artikel ist in sich stimmig. Ich bin zwar anderer Meinung als der Autor, aber falsch verstanden hat er nichts.

    Zur Erläuterung:

    Der SZ-Autor ist der Ansicht, dass sich ohne Kopierschutz das Urheberrecht nicht mehr durchsetzen lässt, da jede/r Musik nach Belieben kopieren und verteilen kann (er blendet aus, dass dies schon vorher über Filebörsen möglich war).

    Der Autor meint also, dass das Urheberrecht so nach und nach ausgehöhlt wird und nur noch pro forma existiert, nicht mehr de facto. Er setzt Kopierschutz und Urheberrecht also nicht gleich, sondern postuliert die Notwendigkeit von Kopierschutz in der digitalen Welt, um Urheberrecht durchsetzen zu können.

    Da kann man anderer Ansicht sein (ich bin es, wie gesagt), falsch verstanden wird vom Autor indessen nichts.

  2. Der absolute Brüller in dem Artikel ist die derzeitigen drei Generationen langen, ohne reale Pflichen verliehenen Monopolrechte als „Gesellschaftsvertrag“ zu bezeichnen.

    Wer Qualitätsjournalismus will ist bei der Süddeutschen definitiv an der falschen Stelle, das zeigt sich in den letzten Jahren immer deutlicher.

  3. Es grenzt eigentlich an eine bodenlose Frechheit Apple als neoliberale Ersatzkultur darzustellen, die laut Meinung des Autors um jeden Preis versucht die Künstler zu prellen. Das ist einer der konservativsten und in meinen Augen falschesten Artikel, die ich seit langem über Urheberrechte lesen durfte. Und das alles in Mischung mit dem Feind – dem Internetnutzer, den Hackern und der drohenden Entkulturalisierung der Welt, weil die Künstler nicht mehr bezahlt werden.
    Was bleibt – kopfschütteln.

  4. Ist natürlich enorm pedantisch, darauf hinzuweisen, aber steht das zweite „F“ der EFF nicht eigentlich für „Frontier“ – statt, wie im Artikel erwähnt, „Freedom“?
    Immerhin: Ein Bot hätte es vermutlich gewusst.

  5. „Wer Qualitätsjournalismus will ist bei der Süddeutschen definitiv an der falschen Stelle, das zeigt sich in den letzten Jahren immer deutlicher.“

    Ich nehme an Du liest vornehmlich die Bild-Zeitschrift, äh… ich mein‘ natürlich Zeitung? Ein kleiner Scherz(mit wahrem Kern?!).

    Markus schrieb im Eingangspost: „Allerdings hat der Kopierschutz mit dem Urheberrecht nicht besonders viel zu tun[…]“

    Man muss kein erfahrener Professor in der Fachwissenschaft sein, bei weitem kein Jurist, um zu wissen, was Urheberrecht und Kopierschutz verbindet. In meinen Augen ist der Kopierschutz eine Methode, mit der die unrechtmäßige Betrachtung, respektive Vervielfältigung von Werken verboten wird (Urheberrechtsgesetz). Erst durch diesen Schritt, so meines Wissens, kann die seitens der Industrie unerwünschte Vervielfältigung aus rechtlicher Sicht unter „Strafe“ gestellt werden. Die Frage, ob nun weiter fröhlich kopiert wird sei dahingestellt.

    1. Warum will Apple keinen Kopierschutz?
      Weil sie dann mehr Musik verkaufen.

      Ganz einfach. Das ist das, was der Autor der SZ nicht kapiert hat.

  6. @ Christian: Die Intention hab ich auch rausgelesen. Aber konsequenterweise sollte mit einer solchen Argumentation zum Schluß die Forderung nach einer Kulturflatrate rauskommen. Daher wundert mich das. Und der Ausflug in die Kultutgeschichte des Netzes passt imho auch nicht wirklich in den Artikel.

    Aber es gibt ja noch Stilblüten wie diese hier:

    Die Aushebelung der Urheberrechte schafft jetzt schon ein Zweiklassensystem mit einem tiefen Graben zwischen Stars und einem kulturellen Prekariat. Die Auswirkungen auf die Zukunft der Kulturen ist schwer abzuschätzen. Sicher, die Kreativität, die digitale Technologien freisetzt, ist nicht zu leugnen. Doch da wird viel schöngeredet. Der beliebte Vergleich zwischen Urheberrechten und Patenten hinkt. Patente lassen sich vermarkten. Tantiemen sind dagegen nur ein kultureller Gesellschaftsvertrag. Der ist nun in Gefahr.

    Patente und Urheberrechte werden in der Regel von der Rechteindustrie unter dem Begriff „Geistiges Eigentum“ zusammen geschmissen. Was das jetzt in dem Artikel soll, ist mir vollkommen unklar. Und was der Verzicht auf Kopierschutz mit der Schaffung einer Zweiklassengesellschaft zu tun haben soll, auch. Meiner Meinung nach etablierte der Wunsch auf kontrollierte Infrastrukturen gerade diese Zweiklassengesellschaft.

  7. …und der buchdruck sowie das verlagswesen wurden nur erfunden, um sogenannte inhalte unters volk zu bringen. verwerflich!
    denen gehören allen die hände abgehackert!

    sz – kann man lesen – muß man aber nicht (mehr).

  8. Lieber Markus,

    ich schätze deine Kompetenz ja sehr, aber ich finde, so einfach sollte man es sich nicht machen. Es gab im vergangenen Sommer auch mal Berichterstattung zu Creative Commons bzw. zur Kulturflatrate in der SZ, prominent auf (der ganzen) Seite 2, inklusive eines Prantl-Kommentars.

    Hatte hierzu auch gebloggt, da diese Seite einen Tag nach der Abgabe meiner Diplomarbeit erschienen war.

  9. “Klauen macht glücklich” – die Überschrift sagt doch schon alles. Habt ihr Grünen immer noch nicht begriffen, dass Kopieren etwas anderes ist als Klauen? Ihr versucht, bei der freie-Kultur-Bewegung nen Fuß reinzukriegen, aber habt das Thema noch überhaupt nicht verstanden (oder wollt es nicht).

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.