HR-Info: Heftige Reaktionen auf „Zensursula“

HR-Info – Radio hat heute Morgen „Zensur im Internet?“ als Thema gehabt. Ich wurde für den ersten Beitrag interviewt. Hier sind die drei Teile:

Heftige Reaktionen auf „Zensursula“ (MP3)

Stopp-Schilder im Internet: Was für Ministerin Ursula von der Leyen und die Bundesregierung ein entscheidender Schritt ist im Kampf gegen Kinderpornografie, ruft bei denjenigen, die mit dem Internet aufgewachsen sind, Unverständnis hervor – und heftige Reaktionen: Die Ministerin muss sich Vergleiche mit den Herrschern totalitärer Staaten wie China oder Saudi-Arabien gefallen lassen. Jan Eggers ist der Frage nachgegangen: Weshalb hat Ursula von der Leyen die Internet-Generation derart heftig gegen sich aufgebracht?

Wieviel Kontrolle braucht das Internet? (MP3)

Braucht das Internet keine Regulierung? Das fragt hr-iNFO den Spitzenkandidaten der Piratenpartei in Hessen, Thorsten Wirth. Die Piraten treten für freien Zugang zu allen Internet-Angeboten ein und warnen vor Zensur. Wirth ist davon überzeugt, dass es in Zukunft einen gesellschaftlichen Konsens geben werde, dass das Netz frei und ohne Zensur bleibt.

Wie politisch ist die neue soziale Bewegung im Netz? (MP3)

Politische Blogs im Internet erfreuen sich größter Beliebtheit. Das Netz ist für knapp die Hälfte der User mittlerweile die erste Adresse, wenn es darum geht, sich politisch zu informieren. Diesen Umstand nutzen auch Blogs, deren Inhalte zumindest fragwürdig erscheinen – zum Beispiel der Blog „Politically-Incorrect“, kurz pi-news.net, eigenen Angaben zufolge Deutschlands meistgenutzter politischer Blog. Wie der einzuorden ist, fragt hr-iNFO den Medienjournalisten und Blogger Stefan Niggemeier.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

24 Ergänzungen

    1. @1 TomD:
      nein, es geht leider überhaupt nicht Richtung Massenmedien. Nur die online-Ableger haben entdeckt, dass sich ein wenig mehr Werbeeinnahmen generieren lässt wenn man ab und zu so tut, als würde man die Meinung der Leserschaft vertreten.

  1. Das Problem ist nur das die Medien mittlerweile auch in den verschiedenen Medien geteilter Meinung sind. Es gibt Spiegel und SPON, DIE ZEIT und ZEIT-Online. Dies hilft nicht gerade bei einer öffentlichen Debatte.

    Und nein, ich habe nichts gegen wiedersprüchliche Meinungen *innerhalb* einer Veröffentlichung – ich meine den Zielgruppen-Meinungszuschnitt je Medium. Das ist übel, denn es macht die Debatte kaputt.

    DIE ZEIT hat damit übrigens lange vor dem Spiegel angefangen.

  2. Ein Satz im ersten Beitrag bringt es auf den Punkt. Die Politiker haben Angst, das „Internet“ und deren User nicht mehr steuern zu können. Blitzschnell rotten sich „böse“ Bürger zusammen um über Themen zu diskutieren und vielleicht eine Petition daraus zu machen oder gar eigene Meinungen kund zu tun. So etwas ist nicht erwünscht und deswegen holen wir schnell die Keule raus… Auch der von TomD erwähnte Spiegel-Artikel hat letztendlich das gleiche Ziel… Verunsicherung durch nicht klare Gesetze.

  3. @4: Das ist mir etwas zu viel Verschwörungstheorie. In der Regel sind die Internet-Gesetze so schlecht, weil man einfach Handwerksfehler macht und/oder nicht so genau weiß, worum es überhaupt geht.

    1. @5 markus:
      mit dem Todschalgargument „Verschwörungstheorie“ lässt sich nicht jede Diskussion beenden.

      Ich finde es eine Beleidigung, wenn man den Profis Unfähigkeit vorwirft. Es handelt sich Gesetzesentwürfen nie um die Werke einzelner Politiker, es steht immer eine ganze Gruppe hinter den Entwürfen.

      Mir als rational denkenden Menschen überzeugt eher das Argument, dass unsere Politiker ein falsches Spiel betreiben, welches ihnen Machterhalt sichert.

      War nicht erst vor kurzem die Klarstellung Güldners hier auf netzpolitik.org zu lesen, in der er wortwörtlich von der „Deutungshoheit im Internet“ spricht. Ist er auch unfähig oder hat er den „Fehler“ gemacht, und eine Wahrheit ausgesprochen?

      Zwischen den Zeilen lesen, kritisch denken, ist eine Kunst die wir fördern sollen. Aber vermutlich ist das Leben wesentlich einfacher wenn wir daran glauben, dass unsere Politiker nicht unaufrichtig, dafür aber inkompetent sind. Damit lässt sich leichter begründen warum wir dann doch alle wieder die „Volksparteien“ wählen. Immerhin ist es leichter entschuldbar eine unfähige Person zu wählen als eine, welche Ziele verfolgt, welche nicht meine sind.

  4. @hoohead, Yupp, wirkt alles etwas flach.

    Wichtig ist es, Ziele und Begründungen für das „Warum wir das so und nicht anders sehen“ zu formulieren.

    Man muss es nur sorgfältig aufdröseln: Zwischen angeblich „rechtsfrei“ und totalem „Overkill“ gibt ja eine Menge regulatorischer Möglichkeiten. Wer hat hier was vor?

    @netzpolitik.org: Mögt ihr vielleicht mal differenziert (ggf. mit Hilfe von Vertretern) die Meinung zum Netz und den dortigen „Räumen“ zw. der PP und den Grünen darstellen? Das könnte beide Partei evtl. „beschwingen“ und ihnen helfen ihre Punkte besser dazustellen – die ich momentan noch alle recht schwammig finde. (Ja, ich habe beide Parteiprogramme überflogen, wobei der Zustand „schwammig“ ja vermutlich für PPe normal ist.)

  5. Ich glaube alle Länder der Welt wollen das Internet kontrollieren.
    in den Autoritären Ländern wie China, Iran, usw spürt man die Zensur noch stärker als hier in Deutschland oder in den Demokratischen Ländern.

  6. @MatthiasG:
    HR-Info ist aber kein Online Ableger.
    Ich habe inzwischen tatsächlich die Hoffnung, dass eine breitere Öffentlichkeit aufwacht. Und statt der Diskusion hier einen Leserbrief an den Spiegel zur Printausgabe verstärkt den Effekt. Irgendwann können auch die an dem Thema nicht vorbei.

  7. Als 1995 das World Wide Web im Bewußtsein von Menschen erschien, war das Entstehen neuer Kommunikationsstrukturen und Machtstrukturen noch etwas Spekulatives, Unsicheres und Vages. Und Jetzt? Es sind nur 14 Jahre vergangen. Mobilcomputer, Satellitenantenne und Solarzellen irgendwo auf der Erde mit Zugriff auf ein weltweites Netz? Das hat was Unheimliches und Beängstigendes für Menschen, die in ihrem Alltag von völlig anderen Eindrücken geprägt sind.

    Wer weiß heute noch, daß Anfang der Sechziger Jahre im deutschen Hörfunk keine englische Musik gesendet werden durfte? Es war verboten! Wir hörten über Mittelwelle und Kurzwelle Radio Luxemburg und Piratensender von Nordseeschiffen. Die englischen Schlager sind genauso banal wie die deutschen. Aber wir verstanden den Text nicht. Das war das Schöne daran! Heute muten diese Dinge absurd an. Aber sie sind wahr.

    Der Unfug aus dem Jahr 2009 wird schneller Vergangenheit sein, als viele glauben. Das Internet ist ein schnelles Medium, das die Machtstrukturen und das Bewußtsein auf diesem Planeten bereits verändert hat. Doch wer weiß das schon?

    Hans Kolpak
    bloggt mit Links alles, was recht ist
    und kommentiert zu recht Alles, was link ist.

  8. Durch die hohe Geschwindigkeit, mit der sich das Internet verändert mussten schon die big companys like Sony und BMG erkennen, wie schwer es ist, Verbreitung von unterschiedlichen Sachen, wie Songs oder Videos zu verhindern. Mit Informationen ist das noch unmachbarer!

  9. Im Grunde genommen ist es doch eine Kapitulation der Politik, da sie ein globales, interaktives und unbegrenztes Medium wie das Internet mit nationalen Aktionen kontrollieren und steuern will. Es wird Zeit, dass die Politik das Internet als modernes und größtenteils fortschrittliches Medium anerkennt, und diesem Medium auch mal mehr Aufmerksamkeit schenkt und Entscheidungsträger sowie Fachleute auch mit Kompetenzen ausstattet, z.B. in Form eines kompetenten Medien- und Internetbeauftragten der Bundesregierung. Internetzensuren wie im Iran oder China sind eklatante Menschenrechtsverletzungen.Deshalb muss die Menschenrechtscharta um das Thema der informationellen Selbstbestimmung insbes. im Internet erweitert werden.Jeder Mensch auf der Welt soll sich über das Internet unzensiert und frei informieren und austauschen dürfen. Das ist ein genauso wichtiges und globales Thema wie der Klimawandel. Bei den nächsten G20 Treffen gehören diese Themen auf die Tagesordnung. Unsere „freien“ westlichen Staaten, in denen wir leben, sollten lieber das Internet als freies und fortschrittliches Medium betrachten und nicht als Bedrohung.Das Thema Internet, Zensur, Urheberrecht nimmt mittlerweile in jedem wichtigen Industrieland eine sehr große öffentliche Rolle ein (z.B. HADOPI Gesetz in Frankreich, Filtersoftware auf chinesischen PCs). Der Unterschied ist jedoch, dass bei uns gerade Bundestagswahlen sind und deshalb dieses Thema eine berechtigt hohe Aufmerksamkeit geniesst.

  10. glaube auch, das es laaangsaam in den massenmedien ankommt. schade, dass die piraten sich häufig so blass darstellen, die müssten einige eloquente frontfrauen und -männer haben.

    @hans (12)
    radio veronika, im kohlenpott tros- und nos-radio – das waren zeiten –
    eine entwicklung, die unheimlich ist, führt bei vielen zu einem verhalten, das angstbeissen ähnelt.

    @floh
    nee, parallele: die denken bloss über die möglichst unauffällige einführung restriktiverer massnahmen nach. dieser hier ist zwar schon vom 7., aber es wird mit sicherheit noch schlimmer. wenn du dir hier mal die bevölkerungs- und nutzungsentwicklung anguckst, dann noch weisst, dass viele gebildete, darunter einige sehr reiche, weit gereiste menschen dort leben; kannst auch mal bei human rights watch gucken: deren oberen schlottern die knie, und nicht vor kälte.

    @veritas
    die erhöhte aufmerksamkeit richtet sich aber leider auf die sehr beliebte familienministerin, nicht auf das problem.

  11. Bei Politik geht’s nicht um „Recht“, sondern um „Mehrheitsfähigkeit“. Die wollen gewählt werden. Wen wundert’s da noch, was alles schief läuft?

    Durch das Internet ist aber so Einiges anders geworden.

    Wer hat schon noch alle Tageszeitungen aus dem Jahre 2005? Aber inzwischen kann man ohne größeren Aufwand mit dreieinhalb Mausklicks feststellen, wer vor der Wahl „Hü“ und nach der Wahl „Hott“ gesagt hat, man kann 20 Zeitungen miteinander vergleichen, Original-Interviews durchlesen und schauen, was von welchem Blatt wie zurechtgebogen wurde. Das kann mitunter unbequem sein. So ein Pech.

    Zwar bin ich noch nicht so weit, an großangelegte Verschwörungstheorien zu glauben, ein schaler Beigeschmack bleibt jedoch: Mit allen aktuellen Vorstößen ist es möglich diese Freiheiten einzuschränken. Zwar gibt es immer wieder offizelle Dementi – Nur warum gibt es so viele Statements, die dementiert werden müssen?

    Außerdem: Wie hält man’s mit der Wahrheit?

    Man nehme eine politische Talkshow im Fernsehen. Wer hinterlässt den besseren Eindruck? Der mit den meisten Argumenten, klar.

    Nur: Wer lügt, kann sich unbgegrenzt Schrott aus den Fingern saugen und steht gut da. Wer nicht lügt, muss vorher für jedes Argument recherchieren, kommt vielleicht auch noch ins Straucheln, weil er nicht jede Lüge sofort widerlegen kann.

    Dumm gelaufen. Für den Fernsehzuschauer hat der Lügner gewonnen. Für den Internet-User aber noch nicht. Der guckt sich die Diskussion ne Woche später auf YouTube an, findet hier was und da was, dass das TV-Ereignis in ein ganz anderes Licht rückt – veröffentlicht seine Fundstücke, tauscht sich aus – Und: Wir werden mehr.

    Das dürfen wir uns nicht nehmen lassen.

  12. @17: und genau das meine ich… der Internet-User liest nicht nur Zeitung, er hinterfragt auch und glaubt nicht einfach alles, was Fernsehen und Printmedien bringen… da die Zeit bis zur Wahl drängt, machen die großen Parteien mittlerweile die unteren Schubladen für die Argumente auf um sich gegen eine Piratenpartei zu wehren (letzter Absatz): http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,642348,00.html

  13. „Dumm gelaufen. Für den Fernsehzuschauer hat der Lügner gewonnen. Für den Internet-User aber noch nicht. Der guckt sich die Diskussion ne Woche später auf YouTube an, findet hier was und da was, dass das TV-Ereignis in ein ganz anderes Licht rückt – veröffentlicht seine Fundstücke, tauscht sich aus – Und: Wir werden mehr.“

    Der unterschied darin ist, ein „TV-User“ ist kein User. Fernsehen ist eine weitgehend passive Tätigkeit. Man liegt auf dem Sofa, nach harten 8+x Überstunden + x Stunden Fahrzeit und lässt sich bespielen. Der „Internet-User“ muss aktiv sein. selbst etwas banales wie Mails checken erforder Aktion. Durch diese quasi notwendige Aktivität steigt die Wahrscheinlichket, dass er auch Informationen aktiv aufnimmt.

    „Es ist nicht alles Gold was glänzt.“ Das gewisse Inhalte auch im Internet nichts zu suchen haben – und dafür bin ich eisern – ist so. Aber alles zu zensieren ist wie….

    Die Gedanken sind frei!

  14. @20 (Michael)

    Ich bin heute über Kommentare in einem (wirklich sehr lesenswerten) Astronomie-Blog auch auf etliche Sachen gestoßen, die höchst fragwürdig sind. Verschwörungstheorien, das ist nicht mehr feierlich. Über Zeug, das teilweise putzig ist („Die NASA verheimlicht Bewohner auf dem Mars“, „Die Sonne ist eiskalt“, „Relativitätstheorie stimmt nicht“) gelangt man überraschend schnell zu lauter Holocaust-Leugnern und anderen Pappnasen, die „Fakten“ aus „unwiderlegbaren Quellen“ ausgraben.

    Ich muss zugeben, ich hab fast 5 Stunden alles Mögliche links liegen gelassen und gelesen, es war einfach zu spannend.

    Das ist natürlich die Kehrseite der „dreieinhalb Mausklicks“. Unser Internet fördert also auch so etwas.

    Besonders schön find ich ja (schon etwas älter) das hier: http://www.final-frontier.ch/Kleiner_Einstein – Da wird erklärt, was ein „Crackpot“ ist – und prompt erklärt sich ein solcher selbst.

    Ich weiß jetzt nicht, ob ich Dein „Es ist nicht alles Gold was glänzt“ in Deinem Sinne verstanden habe, aber ich vermute, wir sind da einer Meinung. Internet ist nicht Gold – Man kann einen Haufen unsäglichen Schrott entdecken und den auch glauben – aber es ist wenigstens Silber – Man hat die Chance, auch die seriösen Quellen zu finden.

    Diese zu erkennen, ist Arbeit ganz klar. Und interessieren muss man sich auch, das war jedoch schon vorm www so.

    Aber trotzdem: Lieber Silber als Holz.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.