Grüne Fraktion erhebt Organklage gegen Vorratsdatenspeicherung

Die Grüne Bundestagsfraktion meldet, dass „jetzt“ auch „zahlreiche Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten beim Bundesverfassungsgericht eingereicht“ haben. Mir ist noch etwas unklar, ob die sich der Klage des AK Vorrat angeschlossen haben (das hatten viele bereits letztes Jahr verkündet, die Frist ist auch schon lange abgelaufen), oder ob sie eine eigene Klageschrift erstellt haben. Im letzteren Fall wäre es bereits die dritte Klage, weil auch einige FDP-PolitikerInnen bereits geklagt haben. Interessant und neu ist aber eine weitere Klageschrift von den Grünen, die sich auf die Rechte als Abgeordnete bezieht:

Das Gesetz greift aber auch unverhältnismäßig in den Status der Abgeordneten ein. Darauf haben wir in einer zweiten Klageschrift im Rahmen eines sogenannten Organstreitverfahrens hingewiesen. Denn Daten über die Kommunikation von Abgeordneten mit den Bürgerinnen und Bürgern werden gleichfalls erfasst. Dies gefährdet die Vertrauensbeziehung der Bürgerinnen und Bürger zu ihren Abgeordneten. Im Organstreitverfahren machen die Abgeordneten deshalb eine Verletzung ihrer Abgeordnetenrechte geltend.

Update: Das sind offenbar beides eigene Klagen der Grünen Abgeordneten, wie die Neue Osnabrücker Zeitung meldet:

Vertreten wird die Grünen-Fraktion – unterzeichnet haben 47 von 51 Abgeordneten – vom Osnabrücker Staatsrechtslehrer Prof. Dr. Jens-Peter Schneider. Er sieht zwei Angriffspunkte. Die Verfassungsbeschwerde richte sich gegen einen ungerechtfertigten Eingriff in das Fernmeldegeheimnis. Durch die anlasslose Vorratsdatenspeicherung könnten viele Bürger zu einer Veränderung ihres Kommunikationsverhaltens veranlasst werden. Dies habe Auswirkungen auf den demokratischen Diskurs, argumentiert der Professor. In einem gesonderten Organstreitverfahren will Schneider die Rechte der Abgeordneten sichern. Gerade als Politiker seien die Beschwerdeführer in besonderem Maße auf Möglichkeiten zu vertraulicher und unbefangener Kommunikation mit Parteifreunden, Bürgern, Interessenvertretern und sonstigen Informanten oder Medienvertretern angewiesen.

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9 Ergänzungen

  1. „… Dies gefährdet die Vertrauensbeziehung der Bürgerinnen und Bürger zu ihren Abgeordneten…“

    *rotfl* Was für ein Realitätsverlust … :´-D

  2. Yay, bei dem Herrn Schneider hatte ich dieses Jahr meine Staatsorganisationsrecht-Vorlesung :D
    Sehr kompetenter Herr. Hätte mir dann nur gewünscht, dass er das Organstreitverfahren dann auch anhand der jetzt erhobenen Klage erläutert hätte anstatt an so komischen unwichtigen Kleinigkeiten, wo nur einige wenige Abgeordnete betroffen waren. Schon klar, dass er als Hochschulprofessor politisch neutral bleiben muss, aber die VDS wurde währen des ganzen Semesters leider nur einmal kurz angesprochen :

  3. @5
    Der Prof geht auf Nummer Sicher. Er hätte die Kläger
    davon überzeugen müssen, dass die VDS in ihrer Gesamtheit als verfassungswidrig einzuordnen ist, und es mit einer einzigen Begründung gut sein lassen können.
    So aber lässt er sich die Hintertüre auf, das wahrscheinlich leichtere Verfahren (Schutz der Abgeordneten)durchzusetzen und dann zumindest einen Teilerfolg zu bekommen.

    Angsthase!

  4. Die Grünen mussten sich auch in Hamburg erst einmal informieren, was denn Datenschutz eigentlich ist ;)
    Zumindest hatten die vor einiger zeit einen Infoabend und dazu einen Datenschützer als Referenten geladen.

    Aber publik machen die das hier lange nicht so, wie andere Parteien.
    Glaubt man den Programmen und Aussagen, müsste man derzeit zwangsläufig die Piratenpartei in HH wählen…es sind ja bald Wahlen.
    Seltsame Vorstellung ;)

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