CFP08: Irreführende Informationen in Wahlkämpfen

Ich sitze gerade bei der „Computers, Freedoms and Privacy Konferenz“ in New Haven in einem Tutorial über „E-Deceptive Campaign Practices: Elections 2.0“. Hier geht es darum, die mit Hilfe von Technik irreführende Informationen im Wahlkampf verbreitet werden können, bzw. was man dagegen machen kann. Es geht quasi um Informatonskrieg und Manipulation.

In der Einführung gab Tova Wang von der US-Wahlrechts-Organisation „Common Cause“ einen Überblick, wie im letzten Wahlkampf mit irreführenden Mitteln gekämpft wurde. Sie brachte weitgehend Beispiele aus dem 2004er Wahlkampf, wo Wähler mit Falschinformationen versorgt wurden, um sie am wählen zu hindern.

* In einigen schwarzen Gemeinden in Milwaukee wurden vor der Wahl Flugblätter verteilt, wonach man nicht mehr wählen dürfte, wenn man schonmal bei einer Wahl gewesen ist. In dem Flyer wurde mitgeteilt, dass darauf 20 Jahre Strafe stehen. Sie las den ganzen Flyer vor, der hat sicherlich mit seinen drastischen Worten viele abgeschreckt.
* Andere Flyer aus Kentucky: Demokraten wählen Donnerstags und Republikaner am Dienstag. (Nagut, das sorgte für lachen im Publikum, aber ist doch eine ernste Sache).
* Dazu gab es Phonecalls von Robotern, die einem mitteilten, dass das Wahllokal geändert wurde und nun woanders zu finden ist.

Aber es geht ja hier vor allem um mögliche Wege, wie man irreführende Informationen mit Informationstechnologie verbreiten kann. Und da gibt es viele Beispiele:

* Nutzung von Datamining, um bestimmte Zielgruppen mit irreführenden Informationen per Mail zu beschicken.
* Pharming und Phishing von Adressen und Versenden von Massen-Spam-Mails mit irreführneden Informationen, z.B. auch Fake-Mailings von MoveOn. Oder offiziell aussehende Mails von der „Regierung“. In den USA gibts wohl immer noch viral verbreitete Mails, wo Obama als Moslem bezeichnet wird. Da bliebe immer was hängen bei den Empfängern.
* Alles geht schneller. Was früher noch Tage Vorlauf brauchte, z.B. um Flyer zu drucken und/oder zu verschicken, geht jetzt in wenigen Minuten.
* Fake-Webseiten mit falschem Inhalt. Da fällt mir gerade das Beispiel mit wto.org ein, wo The Yes Men eine Fake-Seite aufgebaut hatten.
* Denial-Of-Service Attacken gegen Webseiten.
* Domain-Übernahmen, wenn jemand den Folgeauftrag verpeilt hat.
* Nutzung von „Typo Domains“, also barackboama.com mit Weiterleitung auf Fakeseite
* Re-Routing von Webadressen zu falschen Webseiten. Da gab es ja zuletzt das Beispiel mit dem XSS-Fehler bei my.barackobama.com, was über einen bestimmten Link zu Hillaryclinton.com weiterleitete.
* SMS-Spam und Anrufe auf dem Handy mit Telefon-Robotern mit Fehlinformationen. Hier kannman sich auch GPS-Features hinzudenken, von wegen Lokalisierung und Data-Mining. Die Telefon-Roboter kann man auch problemlos über Botnets lösen, die über VOIP anrufen.

Bei der Aufzählung fehlen natürlich die vielfältigen sonstigen Möglichkeiten, mittels Negative-Campaigning Informationskrieg zu führen. Das ist eine andere Debatte, die aber auch spannend wäre. Würde aber wohl dieses Panel jetzt sprengen. Sehr viel dreht sich hier vor allem um Wählerrechte, was ich nicht mitschreibe. Das ist ja alles in den USA etwas komplizierter, wo man sich erstmal zum wählen anmelden muss. Abgesehen davon ist das durchschnittliche Wissen rund um die komplizierten Mechanismen eher gering, so dass sozial benachteiligte Gruppen eher ausgeschlossen werden und nicht von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen (können).

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

0 Ergänzungen

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.